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Meine Endometriose-Geschichte | Teil 5 – Endlich ernst genommen

Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich das Wort Endometriose zum ersten Mal in die Suchleiste tippte. Mit zitternden Fingern las ich alles, was ich finden konnte. Jeder Satz, jede Beschreibung traf mich mitten ins Herz. Es war, als würde jemand endlich meine Geschichte erzählen – meine Schmerzen, mein Leiden, die Unglaubwürdigkeit, die ich eine lange Zeit ertragen musste. Zum ersten Mal hatte mein unsichtbarer Kampf einen Namen.


Auf meiner Suche entdeckte ich, dass ausgerechnet das Krankenhaus, in dem ich immer wieder in der Notaufnahme abgewiesen wurde, ein Endometriosezentrum hatte. Es fühlte sich an wie ein schlechter Scherz. Trotzdem griff ich zum Telefon. Ich bekam einen Termin – mit monatelanger Wartezeit. Doch das war mir egal. Zum ersten Zeit hatte ich das Gefühl, vielleicht auf dem richtigen Weg zu sein.


Der Tag des Termins kam. Ich war nervös und gleichzeitig erschöpft, ein Bündel aus Schmerz, Angst und Hoffnung. Ich erzählte meine Geschichte, schilderte die Situationen in der Notaufnahme, die Zeit voller Zweifel. Die Ärztin hörte zu – wirklich zu – und begann mich zu untersuchen. Plötzlich hielt sie inne. „Sie haben definitiv Endometriose“, sagte sie ruhig und mitfühlend. „Genau hier.“ Sie tastete einen Herd. Mit dem Ultraschall fand sie noch mehr. „Es ist vermutlich nicht sehr stark ausgeprägt“, meinte sie, „aber das bedeutet nicht, dass es weniger schmerzhaft ist.“


In mir brach etwas auf. Endlich glaubte mir jemand. Endlich war ich nicht verrückt, nicht hysterisch, nicht „zu empfindlich“. Alles war real. Alles war mein Körper. Ich war nicht schuld.


Ich hatte gedacht, dass mich diese Diagnose sofort erleichtern würde. Und das tat sie – für einen Moment. Doch kaum war das erste Aufatmen da, kamen neue Gefühle. Angst. Zweifel. Sorgen. Plötzlich hatte ich zwar einen Namen für meine Krankheit, aber auch einen ganzen Berg an Fragen: Was bedeutet das für meine Zukunft? Für meine Familie? Für meine Arbeit, mein Leben, mein Sein als Mutter? Werde ich je schmerzfrei sein? Werde ich jemals wieder so „funktionieren“ wie früher?


Ich bekam Schmerzmittel, Hormone und einen Termin für eine Bauchspiegelung. Drei Stunden sollte der Eingriff in etwa dauern. Ich klammerte mich an diese Zahl, als wäre sie ein Versprechen: drei Stunden, dann Klarheit, dann Besserung.


Am Tag der Operation war ich nervös. Ich hatte Angst – und gleichzeitig freute ich mich irgendwie. So widersprüchlich es klingt, aber ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass etwas besser werden könnte. Ich fühlte mich gut begleitet, medizinisch und menschlich.


Dann wurde alles still.


Als ich nach der Operation „aufwachte“, waren es zuerst nur meine Gedanken. Mein Körper fühlte sich weit weg und schwer an. Ich konnte mich nicht bewegen. Mein Mund war trocken, ich hatte großen Durst – aber ich hatte keine Kraft zu sprechen. Und ich hatte Angst.


Ich hörte Stimmen im Aufwachsaal, verschwommen, als wären sie weit weg: „Ah, ist sie das?“ „Schon krass.“ Ich verstand nicht, was an mir „krass“ war. Meinten sie die Operation? Meinen Zustand? Mich? Immer wieder war ich kurz da – und dann wieder weg. Alles war nebelig.


Irgendwann sagte eine Stimme ganz ruhig: „Schön, dass Sie wieder da sind.“ Jemand berührte meinen Arm. Erst da verstand ich langsam, wo ich war.


Später erfuhr ich, dass die Operation viel länger gedauert hatte als geplant. Nicht drei Stunden, sondern über sechs. Sie hatten deutlich mehr Endometrioseherde gefunden als vermutet. „Aber jetzt erholen Sie sich erstmal“, sagte jemand.


Ich hatte gedacht, die Diagnose und die Operation sei das Ziel. Aber in diesem Moment wurde mir klar: Es war nur der Anfang.


Wie es nach der Operation weiterging – körperlich, seelisch und im Alltag – erzähle ich in Teil 6 meiner Endometriose-Geschichte.


von Herz zu Herz

endoli | lisa hochstrasser


 
 
 

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